Special: Hundephobie als Beispiel für die
Angstbehandlung
Kara im Hundehimmel
Diese Website ist in Ihrem Ursprung so alt, dass sie sogar meine Hündin Kara
überlebt hat, die immerhin 15 Jahre wurde und die sich im Jahr 2013 für
immer nicht nur aus dem Therapiegeschäft verabschiedet hat.
Obwohl Kara keine Nachfolgerin oder Nachfolger hat, hat diese Seite nach wie vor ihren Sinn, da sie
ein geradezu klassisches »Setting« einer therapeutisch begleiteten Konfrontation mit einem »gesicherten
Auslöser« beschreibt. In diesem Fall ist es ein (ebenfalls) ausgebildeter und folgsamer Hund.
Auch wenn ich selbst seit 2013 ohne vierbeinige Begleitung durchs Leben gehe: Bei Bedarf steht mir aber nach wie
vor ein Hund für die therapeutische Arbeit zur Verfügung. Mit diesem können wir Situationen herbeiführen,
in denen Sie kontrolliert und begleitet die Konfrontation mit einem Hund erleben und so auch erlernen können.
Hundephobie in der therapeutischen Praxis
Durch die Jahre, die ich mit meiner Hündin Kara teilte,
weiß ich erst, wie viele Leute richtige Ängste vor Hunden haben. Sei
es, sie wechseln »unauffällig« die Straßenseite, oder
ich werde in unmissverständlicher Weise in der Straßenbahn
aufgefordert, mir einen anderen Platz zu suchen
An Hundephobie stirbt man vermutlich nicht,
es kann aber genauso wie bei anderen Phobien auch zu einer mehr
oder minder lästigen Einengung des Lebensumfeldes führen, was soweit
gehen kann, das Haus nicht mehr verlassen zu können.
So zum Beispiel bei einem jungen sportlichen
Mann, aktiver Mountainbiker, der sich nach einigen unerfreulichen
Hundebegegnungen weder zu Fuß noch mit dem Rad in den Wald traute. Er
konnte schlussendlich seinen geliebten Sport gar nicht mehr ausführen.
Wenn er es trotzdem versuchte, kam es durch seine Angst begünstigt
natürlich zu weiteren »dramatischen« Hundekontakten,
die seine Ängste jedoch eher schürten
, ein Teufelskreis!
Oft, aber nicht immer, findet sich als
Auslöser der Hundephobie in Kindheit oder Jugend ein traumatisches
Ereignis mit einem Hund, womöglich gar mit einer Bissverletzung. Logischer
Weise wollen wir uns und das ist bei allen Phobien der Fall vor
ähnlichen Ereignissen schützen, was zur Meidung des Angst
auslösenden Reizes führt. Kurzfristig nimmt die Angst bspw. durch
Flucht zwar ab, langfristig bezahlen wir jedoch dafür einen hohen Preis.
Die Angst nimmt zu, jeder Hund, sei er noch so klein und süß,
lässt uns vor Angst erschaudern
Wie sind wir bei oben geschildertem Fall vorgegangen?
Beim Erstkontakt, in dem der Klient sein
Problem schilderte, musste Kara zunächst im Büro bleiben. Eine zu
früher Kontakt hätte wohl dazu geführt, dass Herr M. den
Therapieraum schneller verlassen hätte, als er rein gekommen war.
In den weiteren Sitzungen wurden
»frühe Traumata« sowie typische Auslösesituationen der
Hundeangst eruiert. So zeigte sich, dass die Angst besonders stark war, wenn
der Klient alleine im Wald unterwegs war. Weiterhin wurden typische
Angstsymptome, wie Schwitzen, Zittern, Beschleunigung der Herzfrequenz etc.
besprochen. In der dritten Sitzung war Herr M. einverstanden, dass Kara im
äußersten Eckchen des Therapieraumes Platz nehmen durfte, was
zunächst zu einer deutlichen Zunahme der Angst mit den begleitenden
körperlichen Empfindungen führte. Herr M. konnte dabei jedoch die
Erfahrung machen, dass die Symptome vor lauter Konzentration auf das
Gespräch langsam abnahmen. Die nächsten Stunden verbrachten wir
damit, dass wir über typische Fehler im Umgang mit Hunden sprachen, so war
er beispielsweise bisher davon ausgegangen, dass das Fixieren der Hundeaugen,
den Hund beruhigen würde. Gerade ängstliche Hunde (auch die gibt es!)
werden dadurch u.U. eher aggressiv. Wir vereinbarten erste einfache Touren mit
dem Bike in der Begleitung von Freunden, da dies als einfachste Hausaufgabe
galt.
Das ist typisch für die Angstbehandlung:
Ziel ist die Konfrontation mit dem Angstauslöser, wobei man mit
möglichst einfachen Übungen beginnt, damit sich gleich ein
Erfolgserlebnis einstellt.
Die Übungen wurden im Anschluss
besprochen und Verbesserungsmöglichkeiten eruiert. Ein typischer Fehler
besteht darin, nicht lange genug in der Situation zu verbleiben, was u.U. dazu
führt, dass eine »Restangst« übrig bleibt. Zwischendurch
machten wir gemeinsame Spaziergänge mit Kara, die dann auch nach Absprache
Bellen durfte, was bei Herrn M. anfänglich wiederum zu heftigen Reaktionen
führte.
Inzwischen war Kara in den Stunden schon fast
freundschaftlich mit dem Klienten verbunden, durch ihre vorsichtige Art hatte
sie sich ihm schrittweise genähert, und ließ sich dann genussvoll
streicheln. Herr M. war dann im weiteren Verlauf in der Lage, zunächst
kleinere Touren alleine zu unternehmen, was er zunehmend ausbaute.
Nach zehn Stunden konnten wir die Therapie
mit Erfolg abschließen.
Über Kara
Kara war eine reinrassige Appenzeller
Sennhündin und stammte aus dem Schweizer Jura. Kara wurde mit Hilfe einer sehr
erfahrenen Trainerin erzogen, was für mich
als Verhaltenstherapeuten sehr lehrreich war: Böse gesagt, schlechte
Verhaltenstherapie ist einer Tierdressur nicht unähnlich
Übrigens: auch aller Therapeuten
»Übervater« Sigmund Freud hatte in seinen letzten Lebensjahren
eine enge Verbindung zu seinen Chow-Chows. Seinen ersten, Lun Yu, hatte er in
den späten Zwanziger Jahren von einer amerikanischen Kollegin und Freundin
der Familie erhalten. Von Yofi, ihrem Nachfolger, berichtet Freuds Sohn, er
habe stets den analytischen Sitzungen beigewohnt und regelmäßig das
Ende der Stunde durch Gähnen signalisiert.
Kara und Yofi schienen eins gemeinsam zu
haben: gegenüber Fremden waren sie etwas reserviert. Freud forderte seine
Klienten auf, ihn (den Hund!) beim Erstbesuch nicht zu streicheln, er schnappe
manchmal
In einem Brief an Marie Bonaparte (1882-1962)
schreibt Freud: »Es sind wirklich die Gründe, weshalb man ein Tier
wie Jofi mit so merkwürdiger Tiefe lieben kann, die Zuneigung ohne
Ambivalenz, die Vereinfachung des Lebens, von dem schwer erträglichen
Konflikt mit der Kultur befreit, die Schönheit einer in sich vollendeten
Existenz. Und bei aller Fremdartigkeit der organischen Entwicklung doch das
Gefühl einer innigen Verwandtschaft, einer unbestrittenen
Zusammengehörigkeit. Oft, wenn ich Jofi gestreichelt, habe ich mich dabei
ertappt, eine Melodie zu summen, die ich ganz unmusikalischer Mensch als Arie
aus dem Don Juan erkennen musste: Ein Band der Freundschaft bindet uns beide
...«. Da hat der »Alte« gar nicht so unrecht
Gute Hundeliteratur:
Eric H.W. Aldington: Was tu ich nur mit
diesem Hund? Gollwitzer
Turid Rugaas: Calming Signals Die
Beschwichtigungsrituale der Hunde. Animal Learn Verlag
Erik Zimen: Der Hund. Abstammung
Verhalten Mensch und Hund. Goldmann
Konrad Lorenz: So kam der Mensch auf den
Hund. dtv
Urs Ochsenbein: Diverse Titel. Schweizer
Hundepapst, der sich besonders um die Ausbildung und Einsatz von Rettungshunden
verdient gemacht hat.
Zur Liste der Bücher von Urs Ochsenbein bei
amazon.de.
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